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Der Grabenhund - Joshis Rettung |
17. Juli 2017
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Am späten Abend des 17.Juli, ich saß gerade
gemütlich bei meiner lieben Freundin Tina, bekam ich einen Anruf aus
Nordenham-Blexen. Ein Mann vermisste seinen Berner-Sennen-Mix „Joshi“.
Während des Gesprächs sagte er, dass er den Hund bellen hören kann, aber
nicht einordnen könne, woher das Bellen kommt. Ich schrieb mir die Daten
auf, der Halter wollte sich wieder melden, wenn es Neuigkeiten gibt.
Ich ging davon aus, dass er mir bald erzählen würde, dass er sein Tier
gefunden hat.
Tina und ich lehnten uns also gemütlich zurück. Dann kam erstmal lecker
was auf den Tisch: Apfelmus mit Vanillesoße…
Gerade hatten wir angefangen zu essen, als der Halter anrief. Er hatte
den Hund noch nicht gefunden, konnte ihn hören und das Gebiet etwas
eingrenzen.
Gut. Wenn ein Hund die ganze Zeit bellt aber nicht zu seinem Halter
kommt, kann da ja was nicht stimmen…. |
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Unser Apfelmus musste warten. Wir sind sofort nach Blexen gefahren.
Zwischendurch habe ich mit den Halter telefoniert, der uns sagte, in welchem
Bereich der Hund sein müsste. Wir wussten, wo der Halter ist, wir kamen von der
anderen Seite.
Es war stockdunkel. Wir hielten in einem Wirtschaftsweg vor einem Haus und
stiegen aus, den Hund konnten wir bellen hören.
Die Bewohnerin des Hauses kam raus und lief zu ihrer Garage. Wir sprachen sie an
und fragten, was an der Stelle ist, wo man das Gebelle hört.
Sehen konnte man nämlich nichts.
Ein landwirtschaftlicher Betrieb sei da, erklärte sie uns. Wie wir mit dem Auto
dort hinkämen, sagte sie uns auch. Wir bedankten uns bei ihr, sie bedankte sich
bei uns.
Warum? Weil sie doch glatt vergessen hatte, ihr Garagentor zu schließen und als
sie gehört hat, dass ein Auto hält, fiel ihr das plötzlich ein.
Wir fuhren also auf den Hof, stiegen aus dem Auto und gingen über eine Wiese in
Richtung des Halters, dessen Taschenlampe wir ein ganzes Stück entfernt von uns
sahen.
Den Hund konnten wir bellen hören.
Wir wurden leider von einem Graben gestoppt, der zu breit war, um ihn zu
überqueren. Immerhin waren wir nun so nah dran, dass wir uns mit dem Halter
verständigen konnten.
Plötzlich sah er den Hund. Der steckte in einem total verschlammten Graben fest. |
Wir sind also wieder zum Auto zurückgegangen und dann zum Halter gefahren.
Unser Auto stellten wir auf einem Wendeplatz ab. Dort standen zwei Frauen, die
Halterin und eine Anwohnerin.
Auf einer Weide, auf der anderen Seite eines Grabens, stand der Halter mit einer
Leiter in der Hand, über die er diesen Graben überquert hatte. Wir mussten auch
rüber - das war eine wackelige Angelegenheit…..
Wenn man über so eine Leiter balanciert, geht einem ja blitzschnell einiges
durch den Kopf. Meine größte Sorge war mein Handy, welches dann wahrscheinlich
unbrauchbar wäre, wenn ich, vielleicht auch ganz elegant, ins Wasser gleite…
Wir kamen trocken drüben an und mussten noch etwa 20 Meter laufen. Dann
erreichten wir den Graben, in dem der Hund steckte.
Oh Mann… der steckte fast bis zum Hals fest und je mehr er sich bewegte, desto
tiefer sackte er ein.
Wir stellten die Leiter schräg in den Graben, ich zog mich bis auf die Unterhose
aus, Handy und Autoschlüssel flogen auf die Weide, und ich stieg die Leiter
runter.
Aluleiter… total glitschig… und ich hockte mich hin. Der Hund war etwa einen
Meter von mir entfernt, aber ich kam nicht dran. Ins Wasser gehen wollte ich
nicht, denn wo der Hund versinkt, versinke ich auch.
Das muss ein Bild für die Götter gewesen sein.
Bis zu den Knien im Wasser, den Hintern wahrscheinlich knapp über der
Wasseroberfläche hockte ich da, als müsste ich pinkeln.
Man kann ja in dem trüben Wasser nicht sehen, was unter der Wasseroberfläche
passiert - aber glaubt mir, ich konnte es! Ich sah sie alle, die
schwarzen kleinen Schwimmkäfer, die Blutegel, die nur darauf warteten,
anzugreifen, die Bisams, die schleichend auf mich zuschwammen….
Die Leiter drohte zu kippen.
Wenn Tina sich nicht draufgestellt hätte, wäre ich wohl rücklings im Wasser
gelandet.
Und was einem so durch den Kopf geht, während man sich auf einer glitschigen
Leiter in Richtung des Hundes streckt - das sind ja nur Gedankenblitze. Wenn ich
die heute in Zeitlupe wiederholen würde, käme folgendes dabei raus:
Vooorsicht…weeenn du fääällst, fääällst du rückwärts. Deine Beeeine bleiben
zwiiiischen den Sprossen hääängen und du gehhhst mit dem Kopf unteeer. Aber dein
Handy bleiiibt trooocken, denn es liiiiegt ja auf der Weiiide. Das daaarfst du
nachheeer nicht vergessen…. |
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Ich hockte also auf der Leiter und streckte meine
Hand in Richtung des Hundes.
Was macht der Hund? Zieht seinen Kopf zurück.
Ich ziehe meine Hand zurück, der Hund streckt seinen Kopf vor.
Ich strecke meine Hand vor, der Hund zieht den Kopf zurück.
Ich ziehe meine Hand zurück, der Hund streckt den Kopf vor.
Hätten wir Musik angehabt, hätte das wohl wie gut einstudiertes
Dog-Dancing ausgesehen.
Dann knurrte er mich auch noch an, der Dussel!
Dann hatte ich die Faxen dicke! Scheiß auf die Blutegel und die
anderen kleinen Bestien im Wasser. Ich musste weiter rein!
Vorsichtig ging ich eine Sprosse weiter.
War gar nicht so einfach, die zu finden. Ich sah mich schon neben
dem Hund im Wasser liegen…
Ich war nah genug dran, packte den Hund am Halsband, war dankbar,
dass er eins umhatte und zog wie blöd. Der Hund
erkannte wohl, das ich ihm helfen wollte und arbeitet vorbildlich
mit!
Es fiel ihm wirklich schwer, er war auch völlig erschöpft.
Tina und der Halter feuerten ihn vom Ufer aus an, als wären wir auf
einer Trabrennbahn.
Dann erreichten wir das Ufer. Der Halter half, den Hund
hochzuziehen.
Ich balancierte die Leiter hoch, stolz auf mich, nicht baden
gegangen zu sein!
Bis auf meine Beine war ich völlig trocken
geblieben.
Ich ging zum Hund, um ihn zu streicheln. Und was macht der? Er
schüttelt sich! Er schüttelt sich all das Wasser und den
Schlamm aus seinem Fell! Super…
Ich schnappte mir meine Klamotten. Etwas steifbeinig lief der Hund,
aber verletzt schien er nicht zu sein. Wir machten uns
alle auf den Weg zu der Stelle, an der die Halterin mit der
Anwohnerin wartete.
Tja, leider mussten wir nun wieder über den Graben, den wir per
Leiter überquert hatten. Da geht der Hund natürlich nicht
rüber und tragen kann man ihn ja auch nicht...
Nun war der Halter an der Reihe.
Raus aus den Hosen und rein in den Graben, so zog er seinen Hund
durch das Wasser. Der wollte natürlich nicht, also schob
ich nach.
Tina und ich sind dann über die Leiter ans andere Ufer balanciert.
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Freudig wurde das Tier von seiner Halterin in Empfang genommen. Die Anwohnerin
hatte inzwischen zwei Handtücher geholt. Eins für den Hund und das andere…. für
den Hund.
Da saßen nun also die beiden Frauen mit ihren Handtüchern und rubbelten
hingebungsvoll das Tier trocken.
Naja, der Halter und ich trockneten auch von alleine…
So endete unser Einsatz.
Meine einsame Socke liegt jetzt irgendwo am Grabenufer und hofft, dass ich sie
abhole - aber dazu müsste ich wieder über den Graben.
Tina hatte einen nassen Hintern, keine Ahnung woher. Ihre Schuhe sahen aus wie
Sau und ich stank nach Schlamm.
Egal!
Bei Tina wartete ja noch unser Apfelmus. Darauf kam nun noch eine große Portion
Rote Grütze und wir ließen es uns schmecken. Das haben wir uns auch verdient!
Dann erreichte mich eine Nachricht der Halterin.
Sie schickte mir ein paar Erinnerungsfotos und folgenden Text:
„Oh Mann, ich bin so froh, dass alles gut gegangen ist! Nun wird erstmal
getrunken und gefressen.“
Wieder hatte ich einen Gedankenblitz: Ich sah sie vor förmlich vor mir, bei
Kerzenschein auf dem Sofa sitzend, auf dem Tisch Salzgebäck, in der Hand ein
Glas Wein und sie stoßen an auf den glücklichen Ausgang des Abends.
Dann las ich weiter:
„Er ist völlig ko."
Ach so, sie meinte den Hund…
Ja, sowas erlebt man auch nicht alle Tage… die Fotos möchte ich euch nicht
vorenthalten!
Auf dem einen Bild sieht man den Hund, der bis zum Hals im Schlamm steckt.
Und wann sieht man mich schon mal leicht bekleidet mit einem fremden Mann in der
Nacht auf einer Weide?
Heidi |
Und so sieht Joshi
trocken und zufrieden aus
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